Grüße aus Bad Tölz

  • Grüß Gott an alle Holzschnitzer/innen hier im Forum!


    Ich möchte mich gern vorstellen: Mein Name ist Albert Maly-Motta, und ich leite seit dem Jahr 2000 das Marionettentheater der Stadt Bad Tölz im Süden von München.

    Ich bin hier, weil ich mit 65 gerne noch anfangen möchte, Figurenköpfe selber zu schnitzen, und weil es vielleicht auch einige der Mitglieder im Forum interessieren könnte, sich mal an so etwas zu versuchen.

    Wir arbeiten mit einem professionellen Puppenschnitzer aus der Schweiz zusammen, Pierre MONNERAT aus Genf, der in den letzten 20 Jahren viele Figurensätze und auch Masken für uns geschnitzt hat. Das ist ein sehr spezielles Feld, und gehorcht z.T. ganz anderen Gesetzen als das klassische Schnitzen von Statuen oder anderen Figuren.

    Hier

    https://marionnettes.art/galerie_brandner.html

    könnt Ihr seine Arbeit für unser Stück "Der Brandner Kaspar" sehen. Auf seinen Seiten gibt er einen guten Überblick über sein Schaffen.


    Alle unsere Figuren müssen, wenn sie geschnitzt sind, ausgehöhlt werden, damit das Gewicht stimmt, und sie sich gut bewegen lassen. Und sie müssen nicht auf die Nähe wirken, sondern im Bühnenlicht und auf mehrere m Entfernung. Mechanisch muss es auch genau passen, wer Marionetten aus irgendwelchen Resten "basteln" will, soll gar nicht erst damit anfangen, das ist eine genaue und präzise Arbeit. Da gibt es ganz unsäglich schlechte Anleitungen, nach denen nichts richtiges rauskommen kann.

    Ich baue schon seit vielen Jahren Marionetten, habe aber bisher meine Figurenköpfe entweder modelliert und dann abgegossen, oder sie in den letzten Jahren seit 2013 mit der Technik des 3D Drucks hergestellt. Das hat zwar viele Vorteile, vor allem beim Gewicht, aber ein guter alter Holzkopf ist eben ein Holzkopf!

    Bisher hab ich also nur "additiv" gearbeitet, indem ich zu einer Grundform etwas hinzufüge. Modellieren allein durch Wegnehmen stell ich mir viel schwerer vor. Was mal weg ist, ist weg, man kann nicht mehr korrigieren. Und vor dem Schleifen der Messer (und der Gefahr der Verletzung) hab ich einen Heidenrespekt. Aber ich denke mir, wenn ich jetzt nicht den Versuch mache, dann bin ich zu alt.

    Ich möchte ganz langsam anfangen und viele der hier genannten Tips sind sehr einleuchtend. Das kann einem viele Umwege ersparen.

    Ich würde mich über einen offenen Austausch freuen, vielleicht könnten ja manche hier sich vorstellen, auch selber mal an so einer "bewegten Skulptur" wie einer Marionette zu arbeiten. Da kann ich dann umgekehrt gerne mit mehr als 40 Jahren Erfahrung weiterhelfen. Gelenke, Führung, Schnüren undsoweiter....

    Wir haben schon vor Jahren ein Projekt mit der Berufsfachschule für Holzbildhauerei in München gemacht (Der Kristallplanet) und möchten auch gerne mit der Schule in Oberammergau etwas machen. Aber die Ausbildung dort ist so gedrängt und dicht, dass die oft großartigen jungen Leute dort in den 3 Jahren zu nichts anderem kommen. Was müssen die in der Zeit alles bewältigen. Und dann wissen sie oft nicht, was sie damit anfangen sollen, denn nur von der Bildhauerei zu leben, das schaffen ganz Wenige.

    Unser schöner alter Beruf braucht dringend Nachwuchs, und so ziehe ich an allen Fäden, um neue Menschen für unser Metier zu interessieren. Vielleicht auch jemand in diesem Kreis?


    Wer in der Nähe wohnt, oder auf Urlaub nach Bayern kommt (zum Beispiel zum Oktoberfest :)) kann gerne auch mal hereinschauen bei uns.


    Marionettentheater der Stadt Bad Tölz

    Am Schlossplatz

    83646 Bad Tölz


    www. marionetten-toelz.de

    (Unter "Repertoire" gibt es viele Bilder der einzelnen Programme zu sehen)


    Bis bald!

  • Hallo Albert,

    schön, dass du uns gefunden hast. Interessant klinkt deine Vorstellung. Gerne lernen wir auch etwas dazu. Nun zu deinem Kern:

    Modellieren allein durch Wegnehmen stell ich mir viel schwerer vor. Was mal weg ist, ist weg, man kann nicht mehr korrigieren. Und vor dem Schleifen der Messer (und der Gefahr der Verletzung) hab ich einen Heidenrespekt. Aber ich denke mir, wenn ich jetzt nicht den Versuch mache, dann bin ich zu alt.

    Genau das ist der Punkt. Das Schnitzen von oben nach unten. Du musst die Umrisse im Auge haben und dazu wissen, wann die Falten von Kleidung beginnt. Auch die Tiefen der Augen sind nicht einfach. Man könnte noch viel mehr aufzählen. Am Anfang nur mit einfachen Sachen beginnen und sich langsam reinfinden. Vor allem nie die Lust verlieren, wenn etwas nicht gleich gelingt. Das Anschleifen der Messer ist auch nur Übungssache. Natürlich ist Vorsicht geboten. Auch hier sollte man mit alten oder billigen Messern beginnen, ehe du dich an guten teuren ausprobierst.

    Ansonsten geh es an, man wird nicht jünger. Anfragen kannst du hier immer.

    Grüße

    Berkow

  • Hallo Albert,


    auch von meiner Seite ein herzliches Willkommen hier im Forum! Als Puppenspieler, der seine Puppen zum Teil selber herstellt, bist du für das Schnitzen von Figurenköpfen ja schon bestens vorbereitet. Ich denke, dass du dir viele Voraussetzungen dafür schon angeeignet hast, vermute aber, dass dir das Bearbeiten von Holz mit Bildhauerbeiteln und Schnitzwerkzeugen etc. noch nicht hinreichend vertraut ist. Eine Schwierigkeit hast du ja selbst schon erwähnt: man kann nur etwas wegnehmen, aber nichts hinzufügen. Eine andere Schwierigkeit, die nur durch Übung gemeistert werden kann, steckt ebenfalls in dem Werkstoff Holz: Man muss den Faserverlauf beachten, denn Holz lässt sich gegen die Faser nicht sauber schneiden. Man muss deshalb immer mit der Faser (oder quer zur Faser) arbeiten. Auch das muss man beherrschen bzw. erst einmal üben bevor man sich an eine derart anspruchsvolle Aufgabe (was das Schnitzen von Figurenköpfen nun mal ist) heranmacht.


    Bei Figuren (oder Figurenköpfen) ist auch das sogenannte "Anlegen der Figur" ein nicht zu unterschätzendes Problem. Hier müssen in jedem Stadium der Bearbeitung die Proportionen stimmen. Einen Figurenkopf von einer Bleistiftskizze ins Holz zu übertragen, ist daher ebenfalls eine Arbeit, die sehr viel Übung und Erfahrung erfordert. Ich erwähne das, damit dein geplanter Start nicht sofort im Frust endet. Ich will dich damit aber auf keinen Fall von deinem Vorhaben abhalten, sondern im Gegenteil ermutigen, damit anzufangen. An deiner Stelle würde ich allerdings nicht mit einer Skizze für eine komplett neue Figur beginnen, sondern würde erst mal versuchen, eine vorhandene Figur im Maßstab 1:1 nachzuschnitzen. Das geht sehr viel leichter als eine neue Kreation. Vorlagen für nachzuschnitzende Köpfe hast du ja bereits in Hülle und Fülle. Wie wäre es, wenn du einen deiner in 3D-Technik gedruckten Köpfe als Vorlage nimmst und diesen dann 1:1 in Holz realisierst? Mit dem 3D-Druck hast du ein Modell, von dem du in jeder Phase der Schnitzarbeit jedes Maß und jede Proportion (mit einem Taster) abgreifen und aufs Holz übertragen kannst. Das erleichtert die Arbeit enorm und ist viel einfacher als das "freie" Schnitzen/Bildhauen, bei dem es "nur" eine Skizze auf Papier gibt.


    Nun wünsche ich dir einen gelungenen Start. Schön wäre es, wenn du uns das eine oder andere Foto deiner diversen Bearbeitungsschritte zeigen würdest.


    Gruß

    Bernd

  • Hallo,-


    ich freue mich sehr über Eure Antworten!

    Bernd, genau wie Du es beschrieben hast, möchte ich vorgehen- einen schon am Rechner entwickelten und evtl. auch gedruckten Kopf nachschnitzen. Aber das ist noch weit weg, denn ich denke, ich muss weit vorher anfangen, um erst einmal ein Gefühl für die Arbeit überhaupt zu bekommen- wie macht man ein rundes Objekt aus einem viereckigen Block zum Beispiel. Und dann die Proportionen und vor allen Dingen die Symmetrie hinzubekommen, das wird sicher auch ein Stolperstein sein. Ich rechne für den Anfang mit Fehlgängen- und es wird sicher noch eine Weile dauern, bis ich loslegen kann, denn erst mal haben wir eine Premiere zu bewältigen am 12. November.

    Ich zeig Euch mal, was für eine Bandbreite man mit Fadenfiguren haben kann: Zuerst ein Projekt, das wir ca. 2007 mit Schüler/innen der Müncher Schnitzschule gemacht haben. Der Rohbau der Figuren wurde uns geliefert, wir haben dann die Gelenke eingesetzt, die Figuren beweglich gemacht und natürlich die farbige Fassung. 3 Raumfahrer, bei denen der Körper gleichzeitig der Raumanzug ist. Keine Textilien oder Haare oder so was.


    So sah das dann in der Bühne aus. "Der Kristallplanet" von Herbert W. Franke. Schwer zu spielen, weil die Figuren ohne Dämpfung sind, und daher schlenkrig wie die Hampelmänner. Mit Kostüm tut man sich leichter.


    Ein mit dem 3D Drucker erstellter Drache für den "Nussknacker". Den hab ich selber gemacht.Hohl mit Licht in den Augen...

    Der Körper besteht aus einem flexiblen Lüftungsrohr mit Stoff drum herum und das ganze Ding ist fast 3 m lang.


    Figuren von Pierre Monnerat zur Orff-Oper "Die Kluge" 2003.


    Kein direkter Blick und keine gemalten Augen. So wirkt die Figur im Bühnenlicht extrem lebendig.


    So, ich schau mal wie das mit den Bildern klappt..


    Es ist also viel möglich...


    Beste Grüße!