Ackergaul aus nassem Grünholz

  • Hallo, liebe Hobbyschnitzer,


    bei mir ist wieder mal frisches Grünholz eingetroffen. Der Kirschbaum einer befreundeten Familie war vom Pilz befallen und musste gefällt werden. Von diesem Baum erhielt ich zwei schöne Stammstücke, die sich gut zum Schnitzen von ovalen Schalen eignen. Auf dem Foto unten sieht man je eine Hälfte der beiden Stammstücke, aus denen man je eine ovale Schale schnitzen kann.



    Als Erinnerung an ihren Kirschbaum soll ich unseren Freunden aber auch eine hübsche Schale aus diesem Holz schnitzen. Das mache ich gerne. Die kleine Monika wünscht sich von mir allerdings ein Pferd. Wie soll ich ihr nun erklären, dass man aus klatschnassem Holz kein Pferd schnitzen kann, und dass man es mindestens drei Jahre lagern muss, bis es hinreichend durchgetrocknet ist?


    Diese Frage brachte mich auf die Idee, das Holz für das Pferd mal versuchsweise in der Mikrowelle zu trocknen. Wenn es ein nicht zu großes und nicht zu dickes Stück ist, könnte das vielleicht funktionieren. Wenn es zu dick ist, wird es sicher reißen. Also dann muss es eben ein kleines Pferd werden. Hauptsache: ein Pferd. Und natürlich aus diesem Kirschbaum. Gedacht, getan.


    Zuerst wurde auf einem etwa 3 cm dicken Stück der Umriss des Pferdes aufgezeichnet und ausgesägt. Auf dem Pferderücken habe ich ein längeres Stück Holz stehen gelassen (damit das kleine Pferd beim Schnitzen noch sicher in der Hand gehalten bzw. in einen Schraubstock eingespannt werden kann). Nach dem Aussägen kam der nasse Rohling für 3 Minuten in die Mikrowelle (800 Watt). Es hat geklappt. Nach 3 Minuten war das Holz richtig heiß, aber auch komplett trocken. Es gab keine Risse (was ich befürchtet hatte), aber dafür war der Rohling ziemlich stark gekrümmt. Erstaunlich, dass sich das Holz in den 3 Minuten so stark verformt hat. Die Verformung war hier aber kein Problem, denn der Rohling war sowieso viel zu breit, sodass genug Materialstärke vorhanden war, um das Ganze beim Schnitzen wieder zu begradigen.



    Hier sieht man den Rohling von unten. Man kann gut erkennen, wie stark er sich in der Mikrowelle gekrümmt hat.



    Der Gaul nimmt langsam Form an. Noch ist er mit dem Klemmholz "verwachsen":



    Während der Rohling für die Schale noch etwa zwei Monate in einem Leinentuch eingewickelt trocknen muss, ist der Ackergaul schon fertig. Monika wird sich freuen.




    Ich bin insofern auch zufrieden, weil ich für mich eine Methode entdeckt habe, mit der ich nasses Holz (wenn es nicht zu groß und nicht zu dick ist) innerhalb von nur 3 Minuten schnitzfertig trocknen kann. Für kleinere Figuren ist das Trocknen von frischem Grünholz für den einen oder anderen Hobbyschnitzer sicher auch eine interessante Vorgehensweise.


    Gruß

    Bernd

  • Hallo Bernd,

    ich finde es gut, wenn du nach neuen Wegen suchst. Noch mehr freut es mich, wenn es gelungen ist und zum Nachahmen anregt. Das dabei noch ein Spielpferd abgefallen ist, wird die Kleine beglücken. Im oberen Teil deines geteilten Holzes ist ein Ast zu sehen. Verarbeitest du den mit oder kürzt du das Holz ein?

    Grüße

    Berkow

  • Hallo Berkow,


    vielen Dank für deine Reaktion. Dass man Holz in einem Ofen oder in einer Mikrowelle trocknen kann, ist nicht neu. Holzfeuchte und Darrdichte kann man z.B. auf diese Art und Weise bestimmen. Allerdings habe ich das noch nie gemacht, geschweige denn diese Methode zum Trocknen eines Schnitzrohlings angewendet. Letzteres ist ja auch nicht in jedem Fall erfolgversprechend. Ob es klappt oder nicht, hängt von vielen verschiedenen Randbedingungen ab. Grundsätzlich steigen die Erfolgsaussichten aber, wenn der Rohling so weit wie möglich so vorgeformt ist, sodass er sich beim Trocknen möglichst spannungsfrei verformen kann.


    Auf dem Foto sieht es tatsächlich nach einem dicken Ast aus. Es handelt sich aber um eine Stirnholz-Verfärbung (nach dem Schnitt mit der Motorsäge). Das mit Wasser gesättigte helle Splintholz der Kirsche verfärbt sich nach jedem Schnitt. Es wird - vermutlich abhängig von der Menge Wasser, die nach außen quillt - intensiv Rot-Braun und sieht fast wie verrostet aus. Diese Art Verfärbung ist aber kein Problem, denn sie bildet sich nur an den Schnittflächen, und nur bei nassem Holz. Trockenes Kirschbaum-Holz verfärbt sich beim Schneiden oder Schnitzen nicht. Glatte Schnitte infolge scharfer Schneiden bringen dann, insbesondere beim finalen "Verputzen", einen schönen Glanz ins Holz...


    Auf dem zweiten Foto sieht man eine ähnliche Verfärbung sogar im dunkleren Kernholz am Rohling. Sie entstand in der Mikrowelle beim Verdampfen des aus dem Holz austretenden Wassers.


    Gruß

    Bernd

  • Hallo Brush,


    Vielen Dank für's Kompliment. Die "Färbung" des Holzes ergibt sich aus seiner Lage im Stamm. Die braune Seite des Pferdes besteht aus dem Kernholz, während alles andere aus dem Splintholz geschnitzt wurde. Die Holzart Kirsche hat einen hellen Splint und einen dunklen Kern. Man kann also durch die Wahl des Ausschnittes für den Rohling zwischen Splint und Kern wählen und auf diese Weise mit den "Farben" des Holzes spielen. Färben muss man dabei nichts. Der Glanz, den man im Foto sieht, kommt vom frisch aufgetragenen Leinöl.


    Gruß

    Bernd

  • Ja gerne TreibHolz ,

    Und mal davon abgesehen finde ich den Trocknungsversuch äußerst interessant.

    Das müsste man mal in verschiedene Versuchen weiter erforschen. Der Gedanke ist grandios das Holz in der BingBing zu trocken 🤓👌🏻.